Hier kommt Teil 2 des Märchens von Frau Holle:
Setz dich am besten mit her auf meine Gartenbank
und erzähle mir von DEINEN Äpfeln…
Hast Du sie aufgesammelt?
Sortiert und geprüft, was da in jedem Apfel an Talenten, Fähigkeiten und Eigenschaften drinsteckt? Hast Du Dich an der reichen Ernte erfreuen können?
In der heutigen Folge möchte ich Dir erzählen wie es der Marie weiter erging…
Ich hoffe, Du hast etwas Zeit mitgebracht.
Marie kam auf ihrer Reise in der Anderswelt an einem Haus an und erschrak erst mal etwas, denn auf dem Balkon stand eine alte Frau mit ganz schön langen Zähnen.
Ihr wisst sicher, wer da stand: Frau Holle, unsere Mutter Erde, die Natur höchstpersönlich.
In der Natur ist nicht alles nur Zuckerguss und eitler Sonnenschein.
Die Natur kann grausam sein und - so hat mir mein Lehrer Juan Nunez del Prado, ein emeritierter Anthropologe aus Cuzco erzählt, die Natur hat keine Moral oder Ethik.
Die Natur ist konsequent und in sich konsistent, aber sicher nicht moralisch.
Mal lächelt sie, mal zwickt sie, mal beißt sie, manchmal reißt sie Dir den Kopf ab
und dann bleibt von Dir nichts mehr übrig als ein paar alte Knochen…
Lernen kann man von Frau Holle jede Menge!
Und jetzt schauen wir mal, wie es der Marie bei ihr geht…
Die „Hollerin“ lädt Marie ein, bei ihr in die Lehre zu gehen und sie lernt dort viel.
Sie lernt die Magie kennen, die hinter allem Tun steckt:
Ob`s nun ums Betten Schütteln geht, damit es auf der Erde schneit,
ob`s um Spinnen geht, bei dem Marie lernt, dabei die Gedanken so zu bündeln und zu fokussieren, dass Realitäten entstehen, oder ob`s darum geht, beim Kochen immer die richtigen Kräutlein zu finden, die unsere Seelennahrung nicht nur schmackhaft sondern auch bekömmlich machen.
Sie lernt auch, dass Dinge ihre Zeit brauchen,
dass man manches Mal ein gutes Sitzfleisch braucht, um Ergebnisse erwarten zu können.
Dass man nichts erzwingen kann, dass es einen richtigen Zeitpunkt gibt zu säen,
zu wässern, zu nähren, einzukürzen, zu ernten und auch mal Ruhe zu geben
Und so geht ein ganzes Jahr rum,
ein Zyklus,
der alle Kräfte beinhaltet, die je einem Menschen begegnen können,
der alle Prozesse abbildet, die je erfahren werden können,
und Marie, die Heimweh nach den ihren, bekommt,
bittet Frau Holle um ihre Entlassung.
Die gibt der Marie die Spule mit ihrem verlorenen Lebensfaden wieder zurück
und führt sie ans Tor zur alltäglichen Welt.
Dort soll Marie durchgehen und dabei ihren Lohn erhalten.
Im Märchen fällt ein Goldregen herab, und das Gold blieb an der Marie auch noch hängen so dass der Hahn, der Marie als erstes sah, die Nachricht gleich ganz aufgeregt in die Welt hinaus posaunte.
Müssen hätte er nicht, denn alle konnten die Strahlkraft von Marie,
dem Mädchen, das von Frau Holle ins Weib-Sein initiiert wurde, sehen.
Die Strahlkraft eines Weibs, das sich seines Wertes bewusst ist,
die weiß, was sie kann, und auch, was sie nicht kann
die gelernt hat, sich selbst zu mögen,
sich selbst in den andern erkennt und deshalb auch die andern mag,
mit allen Stärken und Schwächen, weil das das Mensch sein ausmacht.
Und weil sie weiß, wer sie ist, weiß sie auch, wo ihr Platz in der Gesellschaft ist
und füllt ihn ganz und gar mit ihrem Sein aus. Nicht mehr und nicht weniger.
Sie mag ihren Verstand, weil er ihr hilft, Dinge zu entschlüsseln
aber sie würde ihn nie allein - ohne ihren Instinkt und ihrem Herzen - nutzen,
um sich ein Urteil zu bilden.
Im Märchen kommt jetzt also unser Prachtweib, die Goldmarie zurück nach Hause.
Und wie es so oft unter Frauen ist, ist dem Neid Tür und Tor geöffnet.
Die Stiefmutter, die, die nicht von Frau Holle initiiert wurde,
die traut sie nicht, diese Reise anzutreten.
Schon zu sehr hat sie die Kultur verkrüppelt.
Nein, sie bleibt lieber im Haus mit all den verlockenden Errun...
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