Die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) sieht die Demokratie in Deutschland durch einen drohenden Rechtsruck und die Macht der Tech-Giganten gefährdet. Im Interview mit Telepolis fordert sie eine stärkere Regulierung sozialer Medien, um die Meinungsfreiheit zu schützen und Manipulation zu verhindern.
Die zunehmende Konzentration sozialer Medien in den Händen weniger Eigentümer sei problematisch. Für die Plattformen müssten die gleichen Regeln gelten wie für traditionelle Medien, etwa bei Beleidigungen und Fake News. Die Kontrolle dürfe nicht den Tech-Unternehmen überlassen werden, sondern gehöre in die Verantwortung unabhängiger öffentlicher Gremien.
Däubler-Gmelin spricht sich für ein Schulfach "Medienbildung" aus, in dem Kinder lernen, Informationsquellen kritisch einzuordnen und Diskriminierungsgefahren zu erkennen. Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sieht sie als unverzichtbar für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Mehr Mitsprache des Publikums sei sinnvoll, dürfe aber nicht zu mehr Einfluss von "Manipulatoren" führen.
Im Umgang mit der AfD plädiert die Juristin dafür, einen Verfassungsprozess gegen die Partei vorzubereiten. Eine Zusammenarbeit mit der AfD lehnt sie strikt ab. Dem designierten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) wirft sie vor, sich über einen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Israels Regierungschef Netanjahu hinwegsetzen zu wollen. Das verstoße gegen rechtsstaatliche Prinzipien. Niemand stehe über dem Gesetz.
Däubler-Gmelin kritisiert eine "Rosinenpickerei" und Doppelmoral des Westens, wenn es um die Bewertung von Völkerrechtsverstößen gehe. Die massive Kritik an Russlands Krieg gegen die Ukraine sei berechtigt. Bei Verbrechen Israels drücke man dagegen oft ein Auge zu. Ähnlich sei es bei Haftbefehlen gegen Ex-Staatschefs des Sudan oder der Philippinen, über die sich niemand aufrege.
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