Bei einer Linde - Joseph von Eichendorff
Seh ich dich wieder, du geliebter Baum,
In dessen junge Triebe
Ich einst in jenes Frühlings schönstem Traum
Den Namen schnitt von meiner ersten Liebe?
Wie anders ist seitdem der Äste Bug,
Verwachsen und verschwunden
Im härtren Stamm der vielgeliebte Zug,
Wie ihre Liebe und die schönen Stunden!
Auch ich seitdem wuchs stille fort, wie du,
Und nichts an mir wollt weilen,
Doch meine Wunde wuchs - und wuchs nicht zu,
Und wird wohl niemals mehr hienieden heilen.
Die Bürgschaft - Friedrich SchillerZu Dionys, dem Tyrannen, schlichMöros, den Dolch im Gewande;Ihn schlugen die Häscher in Bande.»Was wolltest du mit dem Dolche, sprich!«Entgegnet ihm finster der Wüterich.»Die Stadt vom Tyrannen befreien!«»Das sollst du am Kreuze bereuen.«»Ich bin«, spricht jener, »zu sterben bereitUnd bitte nicht um mein Leben,Doch willst du Gnade mir geben,Ich flehe dich um drei Tage Zeit,Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit,Ich lasse den Freund dir als Bürgen,Ihn magst du, entrinn ich, erwürgen.«Da lächelt der König mit arger ListUnd spricht nach kurzem Bedenken:»Drei Tage will ich dir schenken.Doch wisse! Wenn sie verstrichen, die Frist,Eh du zurück mir gegeben bist,So muß er statt deiner erblassen,Doch dir ist die Strafe erlassen.«Und er kommt zum Freunde: »Der König gebeut,Daß ich am Kreuz mit dem LebenBezahle das frevelnde Streben,Doch will er mir gönnen drei Tage Zeit,Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit,So bleib du dem König zum Pfande,Bis ich komme, zu lösen die Bande.«Und schweigend umarmt ihn der treue FreundUnd liefert sich aus dem Tyrannen,Der andere ziehet von dannen.Und ehe das dritte Morgenrot scheint,Hat er schnell mit dem Gatten die Schwester vereint,Eilt heim mit sorgender Seele,Damit er die Frist nicht verfehle.Da gießt unendlicher Regen herab,Von den Bergen stürzen die Quellen,Und die Bäche, die Ströme schwellen.Und er kommt ans Ufer mit wanderndem Stab,Da reißet die Brücke der Strudel hinab,Und donnernd sprengen die WogenDes Gewölbes krachenden Bogen.Und trostlos irrt er an Ufers Rand,Wie weit er auch spähet und blicketUnd die Stimme, die rufende, schicket,Da stößet kein Nachen vom sichern Strand,Der ihn setze an das gewünschte Land,Kein Schiffer lenket die Fähre,Und der wilde Strom wird zum Meere.Da sinkt er ans Ufer und weint und fleht,Die Hände zum Zeus erhoben:»O hemme des Stromes Toben!Es eilen die Stunden, im Mittag stehtDie Sonne, und wenn sie niedergehtUnd ich kann die Stadt nicht erreichen,So muß der Freund mir erbleichen.«Doch wachsend erneut sich des Stromes Wut,Und Welle auf Welle zerrinnet,Und Stunde an Stunde entrinnet.Da treibt ihn die Angst, da faßt er sich MutUnd wirft sich hinein in die brausende FlutUnd teilt mit gewaltigen ArmenDen Strom, und ein Gott hat Erbarmen.Und gewinnt das Ufer und eilet fortUnd danket dem rettenden Gotte,Da stürzet die raubende RotteHervor aus des Waldes nächtlichem Ort,Den Pfad ihm sperrend, und schnaubet MordUnd hemmet des Wanderers EileMit drohend geschwungener Keule.»Was wollt ihr?« ruft er, für Schrecken bleich,»Ich habe nichts als mein Leben,Das muß ich dem Könige geben!«Und entreißt die Keule dem nächsten gleich:»Um des Freundes willen erbarmet euch!«Und drei mit gewaltigen StreichenErlegt er, die andern entweichen.Und die Sonne versendet glühenden Brand,Und von der unendlichen MüheErmattet sinken die Kniee.»O hast du mich gnädig aus Räubershand,Aus dem Strom mich gerettet ans heilige Land,Und soll hier verschmachtend verderben,Und der Freund mir, der liebende, sterben!«Und horch! da sprudelt es silberhell,Ganz nahe, wie rieselndes Rauschen,Und stille hält er, zu lauschen,Und sieh, aus dem Felsen, geschwätzig, schnell,Springt murmelnd hervor ein lebendiger Quell,Und freudig bückt er sich niederUnd erfrischet die brennenden Glieder.Und die Sonne blickt durch der Zweige GrünUnd malt auf den glänzenden MattenDer Bäume gigantische Schatten;Und zwei Wanderer sieht er die Straße ziehn,Will eilenden Laufes vorüberfliehn,Da hört er die Worte sie sagen:»Jetzt wird er ans Kreuz geschlagen.«Und die Angst beflügelt den eilenden Fuß,Ihn jagen der Sorge Qualen,Da schimmern in Abendrots StrahlenVon ferne die Zinnen von Syrakus,Und entgegen kommt ihm Philostratus,Des Hauses redlicher Hüter,Der erkennet entsetzt den Gebieter:»Zurück! du rettest den Freund nicht mehr,...
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf –. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille –
und hört im Herzen auf zu sein.
Der Zeitgeist
Zu lang schon waltest über dem Haupte mir,
Du in der dunkeln Wolke, du Gott der Zeit!
Zu wild, zu bang ist's ringsum, und es
Trümmert und wankt ja, wohin ich blicke.
Ach! wie ein Knabe, seh' ich zu Boden oft,
Such' in der Höhle Rettung von dir, und möcht',
Ich Blöder, eine Stelle finden,
Alleserschütt'rer! wo du nicht wärest.
Laß endlich, Vater! offenen Aug's mich dir
Begegnen! hast denn du nicht zuerst den Geist
Mit deinem Strahl aus mir geweckt? mich
Herrlich ans Leben gebracht, o Vater! —
Wohl keimt aus jungen Reben uns heil'ge Kraft;
In milder Luft begegnet den Sterblichen,
Und wenn sie still im Haine wandeln,
Heiternd ein Gott; doch allmächt'ger weckst du
Die reine Seele Jünglingen auf, und lehrst
Die Alten weise Künste; der Schlimme nur
Wird schlimmer, daß er bälder ende,
Wenn du, Erschütterer! ihn ergreifest.
Eduard Mörike
Hier lieg' ich auf dem Frühlingshügel:
Die Wolke wird mein Flügel,
Ein Vogel fliegt mir voraus.
Ach, sag' mir, alleinzige Liebe,
Wo d u bleibst, dass ich bei dir bliebe!
Doch du und die Lüfte, ihr habt kein Haus.
Der Sonnenblume gleich steht mein Gemüte offen,
Sehnend,
Sich dehnend
In Liebe und Hoffen.
Frühling, was bist du gewillt?
Wann werd ich gestillt?
Die Wolke seh ich wandeln und den Fluss,
Es dringt der Sonne goldner Kuss
Mir tief bis ins Geblüt hinein;
Die Augen, wunderbar berauschet,
Tun, als schliefen sie ein,
Nur noch das Ohr dem Ton der Biene lauschet.
Ich denke dies und denke das,
Ich sehne mich, und weiß nicht recht, nach was:
Halb ist es Lust, halb ist es Klage;
Mein Herz, o sage,
Was webst du für Erinnerung
In golden grüner Zweige Dämmerung?
- Alte unnennbare Tage!
Und wüssten's die Blumen, die kleinen,
Wie tief verwundet mein Herz,
Sie würden mit mir weinen,
Zu heilen meinen Schmerz.
Und wüssten's die Nachtigallen,
Wie ich so traurig und krank,
Sie ließen fröhlich erschallen
Erquickenden Gesang.
Und wüssten sie mein Wehe,
Die goldnen Sternelein,
Sie kämen aus ihrer Höhe,
Und sprächen Trost mir ein.
Die alle können's nicht wissen,
Nur Eine kennt meinen Schmerz:
Sie hat ja selbst zerrissen,
Zerrissen mir das Herz.
Invictus - William Ernest Henley
Out of the night that covers me,
Black as the pit from pole to pole,
I thank whatever gods may be
For my unconquerable soul.
In the fell clutch of circumstance
I have not winced nor cried aloud.
Under the bludgeonings of chance
My head is bloody, but unbowed.
Beyond this place of wrath and tears
Looms but the horror of the shade,
And yet the menace of the years
Finds and shall find me unafraid.
It matters not how strait the gate,
How charged with punishments the scroll,
I am the master of my fate: I am the captain of my soul.
An jenes Waldes Enden,
Wo still der Weiher liegt
Und längs den Fichtenwänden
Sich lind Gemurmel wiegt;
Wo in der Sonnenhelle,
So matt und kalt sie ist,
Doch immerfort die Welle
Das Ufer flimmernd küßt:
Da weiß ich, schön zum Malen,
Noch eine schmale Schlucht,
Wo all die kleinen Strahlen
Sich fangen in der Bucht;
Ein trocken, windstill Eckchen,
Und so an Grüne reich,
Daß auf dem ganzen Fleckchen
Mich kränkt kein dürrer Zweig.
Will ich den Mantel dichte
Nun legen übers Moos,
Mich lehnen an die Fichte,
Und dann auf meinen Schoß
Gezweig' und Kräuter breiten,
So gut ich's finden mag:
Wer will mir's übel deuten,
Spiel ich den Sommertag?
Will nicht die Grille hallen,
So säuselt doch das Ried;
Sind stumm die Nachtigallen,
So sing' ich selbst ein Lied.
Und hat Natur zum Feste
Nur wenig dargebracht:
Die Lust ist stets die beste,
Die man sich selber macht.
Annette von Droste-Hülshoff
November - Heinrich Seidel
Solchen Monat muß man loben:
Keiner kann wie dieser toben,
keiner so verdrießlich sein
und so ohne Sonnenschein!
Keiner so in Wolken maulen,
keiner so mit Sturmwind graulen!
Und wie naß er alles macht!
Ja, es ist ′ne wahre Pracht.
Seht das schöne Schlackerwetter!
Und die armen welken Blätter,
wie sie tanzen in dem Wind
und so ganz verloren sind!
Wie der Sturm sie jagt und zwirbelt
und sie durcheinander wirbelt
und sie hetzt ohn′ Unterlaß:
Ja, das ist Novemberspaß!
Und die Scheiben, wie sie rinnen!
Und die Wolken, wie sie spinnen
ihren feuchten Himmelstau
Ur und ewig, trüb und grau!
Auf dem Dach die Regentropfen:
Wie sie pochen, wie sie klopfen!
Schimmernd hängt′s an jedem Zweig,
einer dicken Träne gleich.
Oh, wie ist der Mann zu loben,
der solch unvernüft′ges Toben
schon im voraus hat bedacht
und die Häuser hohl gemacht;
sodaß wir im Trocknen hausen
und mit stillvergnügtem Grausen
und in wohlgeborgner Ruh
solchem Greuel schauen zu.
Nachts im Traum die Städt’ und Leute,
Ungeheuer, Luftgebäude,
alle, weißt du, alle steigen
aus der Seele dunklem Raum,
sind dein Bild und Werk, dein eigen,
sind dein Traum.
Geh am Tag durch Stadt und Gassen,
schau in Wolken, in Gesichter,
und du wirst verwundert fassen:
Sie sind dein, du bist ihr Dichter!
Alles, was vor deinen Sinnen
hundertfältig lebt und gaukelt,
ist ja dein, ist in dir innen,
Traum, den deine Seele schaukelt.
Durch dich selber ewig schreitend,
bald beschränkend dich, bald weitend,
bist du Redner und Hörer,
bist du Schöpfer und Zerstörer.
Zauberkräfte, längst vergeß'ne,
spinnen heiligen Betrug,
und die Welt, die unermeß'ne,
lebt von deinem Atemzug.
Der Sommerregen
Auf einmal ist aus allem Grün im Park
man weiß nicht was, ein Etwas fortgenommen;
man fühlt ihn näher an die Fenster kommen
und schweigsam sein.
Inständig nur und stark, ertönt aus dem Gehölz der Regenpfeifer,
man denkt an einen Hieronymus:
so sehr steigt irgend Einsamkeit und Eifer
aus dieser einen Stimme,
die der Guss erhören wird.
Des Saales Wände sind
mit ihren Bildern von uns fortgetreten,
als dürften sie nicht hören was wir sagen.
Es spiegeln die verblichenen Tapeten
das ungewisse Licht von Nachmittagen,
in denen man sich fürchtet als Kind.
Vor seinem Löwengarten,
Das Kampfspiel zu erwarten,
Saß König Franz,
Und um ihn die Großen der Krone,
Und rings auf hohem Balkone
Die Damen in schönem Kranz.
Und wie er winkt mit dem Finger,
Auf tut sich der weite Zwinger,
Und hinein mit bedächtigem Schritt
Ein Löwe tritt,
Und sieht sich stumm
Rings um,
Mit langem Gähnen,
Und schüttelt die Mähnen,
Und streckt die Glieder,
Und legt sich nieder.
Und der König winkt wieder,
Da öffnet sich behend
Ein zweites Tor,
Daraus rennt
Mit wildem Sprunge
Ein Tiger hervor.
Wie der den Löwen erschaut,
Brüllt er laut,
Schlägt mit dem Schweif
Einen furchtbaren Reif,
Und recket die Zunge,
Und im Kreise scheu
Umgeht er den Leu
Grimmig schnurrend;
Drauf streckt er sich murrend
Zur Seite nieder.
Und der König winkt wieder,
Da speit das doppelt geöffnete Haus
Zwei Leoparden auf einmal aus,
Die stürzen mit mutiger Kampfbegier
Auf das Tigertier,
Das packt sie mit seinen grimmigen Tatzen,
Und der Leu mit Gebrüll
Richtet sich auf, da wirds still,
Und herum im Kreis,
Von Mordsucht heiß,
Lagern die greulichen Katzen.
Da fällt von des Altans Rand
Ein Handschuh von schöner Hand
Zwischen den Tiger und den Leun
Mitten hinein.
Und zu Ritter Delorges spottenderweis
Wendet sich Fräulein Kunigund:
»Herr Ritter, ist Eure Lieb so heiß,
Wie Ihr mirs schwört zu jeder Stund,
Ei, so hebt mir den Handschuh auf.«
Und der Ritter in schnellem Lauf
Steigt hinab in den furchtbarn Zwinger
Mit festem Schritte,
Und aus der Ungeheuer Mitte
Nimmt er den Handschuh mit keckem Finger.
Und mit Erstaunen und mit Grauen
Sehens die Ritter und Edelfrauen,
Und gelassen bringt er den Handschuh zurück.
Da schallt ihm sein Lob aus jedem Munde,
Aber mit zärtlichem Liebesblick –
Er verheißt ihm sein nahes Glück –
Empfängt ihn Fräulein Kunigunde.
Und er wirft ihr den Handschuh ins Gesicht:
»Den Dank, Dame, begehr ich nicht«,
Und verläßt sie zur selben Stunde.
When great trees fall,
rocks on distant hills shudder,
lions hunker down
in tall grasses,
and even elephants
lumber after safety.
When great trees fall in forests,
small things recoil into silence,
their senses eroded beyond fear.
When great souls die,
the air around us becomes
light, rare, sterile.
We breathe, briefly.
Our eyes, briefly, see with a hurtful clarity.
Our memory, suddenly sharpened,
examines, gnaws on kind words unsaid,
promised walks never taken.
Great souls die and our reality,
bound to them, takes leave of us.
Our souls, dependent upon their nurture,
now shrink, wizened.
Our minds, formed and informed by their radiance,
fall away.
We are not so much maddened as reduced
to the unutterable ignorance
of dark, cold caves.
And when great souls die,
after a period peace blooms,
slowly and always irregularly.
Spaces fill with a kind of soothing electric vibration.
Our senses, restored, never to be the same,
whisper to us: They existed. They existed.
We can be. Be and be better. For they existed.
*In memory of my good friend Larry St Onge (1964 - 2021)*
Schön ist's, wenn sich Lüfte regen
Im April, eh' Mai erwacht.
Nachtigall und Elster pflegen
Sangs die ganze heit're Nacht.
Will der Morgen dann erscheinen,
Schallt's von neuem fröhlich laut,
Und ein jedes von den Kleinen
Hat sein Weibchen süss und traut.
Und wenn alle Knospen springen,
Alle Erdenwelt sich freut,
Regt sich's auch in mir, zu singen
Von der Liebe Seligkeit;
Und Natur und Sitte geben
Neigung mir zu Lust und Scherz,
Wenn in sanfter Lüfte Weben
Mir so selig wird ums Herz.
Weisser ist sie als Helene,
Schöner als die Knospe zart,
Ihre blendend weissen Zähne
Bergen Worte holder Art.
Reines Herz voll edler Güte,
Frische Wange, blondes Haar -
Gott erhalte diese Blüte,
Die er schuf so wunderbar!
Liess' sie mich ihr Herz erkennen,
All mein Sehnen würde still,
Einmal möcht' ich mein sie nennen
Und noch oftmals, wenn sie will.
Im Vereine woll'n wir ziehen
Oft dann in die Frühlingsau -
All dies Glück kann mir erblühen
Von der holden, schönen Frau.
(Arnaut de Mareuil, 12. Jh., Troubadour der franz. Lyrik)
Hier lieg' ich auf dem Frühlingshügel:
Die Wolke wird mein Flügel,
Ein Vogel fliegt mir voraus.
Ach, sag' mir, alleinzige Liebe,
Wo du bleibst, dass ich bei dir bliebe!
Doch du und die Lüfte, ihr habt kein Haus.
Der Sonnenblume gleich steht mein Gemüte offen,
Sehnend,
Sich dehnend
In Liebe und Hoffen.
Frühling, was bist du gewillt?
Wann werd ich gestillt?
Die Wolke seh ich wandeln und den Fluss,
Es dringt der Sonne goldner Kuss
Mir tief bis ins Geblüt hinein;
Die Augen, wunderbar berauschet,
Tun, als schliefen sie ein,
Nur noch das Ohr dem Ton der Biene lauschet.
Ich denke dies und denke das,
Ich sehne mich, und weiß nicht recht, nach was:
Halb ist es Lust, halb ist es Klage;
Mein Herz, o sage,
Was webst du für Erinnerung
In golden grüner Zweige Dämmerung?
- Alte unnennbare Tage!
Ein Jüngling liebt ein Mädchen,
Die hat einen andern erwählt;
Der andre liebt eine andre,
Und hat sich mit dieser vermählt.
Das Mädchen heiratet aus Ärger
Den ersten besten Mann,
Der ihr in den Weg gelaufen;
Der Jüngling ist übel dran.
Es ist eine alte Geschichte,
Doch bleibt sie immer neu;
Und wem sie just passieret,
Dem bricht das Herz entzwei.
An den Fluss
Du schöner Fluß mit deiner Flut,
Die niemals stille hält.
Du bist ein Bild von Jugendmut,
Von einem Herzen unverstellt.
Doch wenn in dein kristallnes Blau,
Das trübe Augen scheuen,
Die Liebste blickt, gleichst du genau
Mir selbst, ihrem Getreuen.
Denn dies Herz birgt wie du so rein
Ihr Bild und strahlt bewegt,
Wenn es den teuren Widerschein
In seinen Tiefen hegt.
E. A. Poe
Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
ein Fischer saß daran,
sah nach dem Angel ruhevoll,
kühl bis ans Herz hinan.
Und wie er sitzt und wie er lauscht,
teilt sich die Flut empor;
aus dem bewegten Wasser rauscht
ein feuchtes Weib hervor.
Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm:
Was lockst du meine Brut
mit Menschenwitz und Menschenlist
hinauf in Todesglut?
Ach wüßtest du, wie's Fischlein ist
so wohlig auf dem Grund,
du stiegst herunter, wie du bist,
und würdest erst gesund.
Labt sich die liebe Sonne nicht,
der Mond sich nicht im Meer?
Kehrt wellenatmend ihr Gesicht
nicht doppelt schöner her?
Lockt dich der tiefe Himmel nicht,
das feuchtverklärte Blau?
Lockt dich dein eigen Angesicht
nicht her in ew'gen Tau?
Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
netzt' ihm den nackten Fuß
sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll,
wie bei der Liebsten Gruß.
Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm;
da war's um ihn geschehn:
Halb zog sie ihn, halb sank er hin
und ward nicht mehr gesehn.
Johann Wolfgang von Goethe, 1778
Two roads diverged in a yellow wood,
And sorry I could not travel both
And be one traveler, long I stood
And looked down one as far as I could
To where it bent in the undergrowth;
Then took the other, as just as fair,
And having perhaps the better claim,
Because it was grassy and wanted wear;
Though as for that, the passing there
Had worn them really about the same.
And both that morning equally lay
In leaves no step had trodden black.
Oh, I kept the first for another day!
Yet knowing how way leads to way,
I doubted if I should ever come back.
I shall be telling this with a sigh
Somewhere ages and ages hence:
Two roads diverged in a wood, and I-
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.
Es treibt der Wind im Winterwalde
die Flockenherde wie ein Hirt
und manche Tanne ahnt wie balde
sie fromm und lichterheilig wird.
Und lauscht hinaus: den weißen Wegen
streckt sie die Zweige hin – bereit
und wehrt dem Wind und wächst entgegen
der einen Nacht der Herrlichkeit.
Bonus:
Advent, Advent,
ein Lichtlein brennt.
Erst ein, dann zwei,
dann drei, dann vier,
dann steht das Christkind vor der Tür.
Und wenn die fünfte Kerze brennt,
dann hast du Weihnachten verpennt!