
Vergleiche sind im Kontext der Beratungspsychologie, oder des Coachings verpönt. Vergleiche sind grundsätzlich nicht hilfreich.
Für Menschen, die am Boden liegen, geplagt von Depressionen oder Burnout, sind Vergleiche tatsächlich anmaßend.
Aber auch wenn wir nicht depressiv sind empfinden wir Vergleiche in der Regel als nervig und sinnlos.
Was hilft es einer Marketingleiterin, dass der Einkaufsleiter gerade mehr Druck hat als sie? Was hat der Leiter der Finanzabteilung davon, dass die Personalabteilung viel härter von den Corona-Maßnahmen betroffen ist als sein Bereich?
Und doch gibt es Momente, bei welchen wir nachdenklich werden und berührt sind von Vergleichen.
Es gab eine Zeit in meinem Leben, als meine Kinder ganz klein waren, da war mein Alltag sehr herausfordernd. Ich hatte so viel Arbeit, Pflichten und Probleme, dass ich oft dachte, ich schaffe es einfach nicht mehr. Ich war so gestresst und so müde, dass ich nachts meinen Kleinsten gestillt habe und vor Erschöpfung einfach nur noch weinen konnte.
In einem solchen Moment habe ich mich an die Geschichte meiner Großmutter erinnert. In diesem Augenblick habe ich meine Erschöpfung, die durchaus real war, in Relation zu der Erschöpfung meiner Oma gestellt. Die Erschöpfung, die sie empfand, als sie mit fünf kleinen Kindern von der Hand in den Mund leben musste. Sie hat mit harter körperlicher Arbeit ihr Geld verdient und dabei selbst auf Essen verzichtet, um die Kinder satt zu kriegen.
Durch diesen Vergleich war ich nicht weniger müde und meine persönliche Situation war auch nicht besser durch diese Erinnerung, und doch war es eine Kraftquelle für mich. Daran zu denken, was meine Oma damals alles geschafft hatte, hat mir Mut gemacht. Ich dachte, wenn meine Oma damals hungrig und durchgefroren ihre Kinder zu großartigen Menschen erzogen hat, werde ich es verdammt nochmal auch schaffen!
Es macht durchaus Sinn, sich auf den Vergleich mit früheren Generationen einzulassen, die so viel unter den widrigsten Umständen geleistet haben. Geschäftsleute, die ganze Unternehmen buchstäblich aus dem Boden der Nachkriegszeit gestampft haben. Führungskräfte, die Krisen gemeistert haben, die sicher nicht weniger hart waren, als unsere aktuelle Situation.
Wenn wir uns mit unseren Eltern und Großeltern vergleichen, können wir einen Perspektivenwechsel vollziehen und uns darauf besinnen, was wir haben und was wir können.
Das kann uns helfen, uns zu erinnern, welche Ressourcen uns hier und jetzt zur Verfügung stehen, äußerlich und in unserem Inneren.
Wenn wir uns auf einen Vergleich einlassen, kann er uns tatsächlich helfen aus der scheinbaren Machtlosigkeit die Perspektive der Wirksamkeit anzunehmen.
Wir können nicht nur positiver in die Zukunft schauen, sondern im Hier und Jetzt eine Erleichterung verspüren, eine innere Kraft, die uns hilft, unsere Herausforderungen entspannter anzugehen.
Gibt es einen Vergleich, der dir in deiner Situation geholfen hat?