
„Sehr viel Geduld werden Sie brauchen.“ war einer der ersten Sätze, die ich von meinen Ärzten vor fast zwei Jahren zu hören bekam. Doch erst nach einigen Wochen begann ich zu verstehen, was er wirklich bedeutet. Geduld mit mir selbst. Aber vor allem Geduld in einer Umwelt, die auf Menschen wie mich nicht vorbereitet ist. In meiner neuen Langsamkeit, „Unvollkommenheit“ und Belastungseinschränkung, bei den Selbstverständlichkeiten des Alltags. Licht, Geräusche, Menschen.
Wir Betroffenen haben die Aufgabe, die Geduld mit uns selbst und mit allen anderen zu finden, angenommen. Damit die Gesellschaft Geduld für uns finden kann, benötigen wir jedoch Sichtbarkeit, Empathie und Unterstützung.
Mein Jahrestag mit Long Covid wurde zur Geburtsstunde von „OhneAtemKeinLeben. Long Covid diktiert, Ich schreibe mit.“ Um das Wenige, was mir aus meinem alten Leben geblieben ist oder ich mir mühsam zurückerkämpfen konnte, zumindest noch sinnvoll zu nutzen. Impulse geben, um das Außen für unser Innen und das Leben, mit diesem unsichtbaren Feind im Körper, zu sensibilisieren. Einen Raum zu schaffen, für andere Erkrankte als Spiegel und Bestätigung der Wahrhaftigkeit im eigenen Erleben, das leider viel zu oft noch auf Unglauben stößt, und für NichtBetroffene. Um Bewusstsein und einen erfühlbaren Einblick in einige Aspekte von Long Covid zu erwirken. Zu transportieren, wieviel Geduld der Kampf gegen diese Erkrankung, jeden Tag von Betroffenen einfordert.
Wir brauchen momentan Vieles, auf sehr unterschiedlichen Ebenen, und gleichzeitig Nichts, das jedoch im richtigen Moment Alles für uns sein kein. Menschlichkeit, Verständnis und vor Allem Verstehen. In einem Lebenskapitel dessen Umfang wir nicht kennen, in dem sich Absätze oder ganze Seiten wiederholen. Weitere hinzukommen. Löschen. Erneut beginnen. Ein Kapitel, das wir täglich durchleben, ohne die Möglichkeit es einfach zu überspringen, weil wir die Geduld verlieren. Wir MÜSSEN durchhalten. Für uns selbst. Für die Menschen, die uns lieben. Die wenigen, die übrigblieben. Immer in der Hoffnung auf der letzten Seite als letztes Wort dieses eine Wort zu lesen. Geheilt.
Auch ich bin noch nicht gesund. Aber ich kämpfe. Und heile. Im Innen, im Außen. Langsam. Geduldig. Im Akzeptieren des Geschehens. Buch zuklappen? Keine Chance. Ich möchte doch wissen, was auf der letzten Seite steht …